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Arthrose: Ein umfassender Leitfaden für Patienten

Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung

    Arthrose ist die weltweit häufigste Gelenkerkrankung und betrifft auch in Deutschland Millionen von Menschen, wobei die Häufigkeit mit dem Alter stark zunimmt. Es handelt sich um eine degenerative Erkrankung, die durch den fortschreitenden Verschleiß des Gelenkknorpels gekennzeichnet ist. Doch Arthrose ist mehr als nur einfacher "Verschleiß"; sie betrifft das gesamte Gelenk, einschließlich Knochen, Gelenkkapsel, Bänder und Muskulatur, und kann zu Schmerzen, Steifigkeit und Bewegungseinschränkungen führen. Auch wenn der Knorpelschaden selbst nicht rückgängig gemacht werden kann, gibt es heute vielfältige und wirksame Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome zu lindern, die Gelenkfunktion zu verbessern oder zu erhalten und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich zu steigern. Eine aktive Rolle der Patienten im Management ihrer Erkrankung ist dabei von entscheidender Bedeutung. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, Arthrose besser zu verstehen und Ihre Therapieoptionen zu kennen.

    2. Die Erkrankung verstehen

    Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung ("Gelenkverschleiß"), die primär den Gelenkknorpel betrifft, aber im Verlauf das Gelenk ganzheitlich schädigt. Der Gelenkknorpel ist eine glatte, elastische Schicht, die die korrespondierenden Knochenenden im Gelenk überzieht. Seine Hauptaufgaben sind die Ermöglichung eines reibungsarmen Gleitens der Gelenkflächen und die Dämpfung von Stößen.

    Der Arthrose-Prozess

    Bei Arthrose kommt es zu einem fortschreitenden Abbau und Verlust dieses Knorpelgewebes. Der Knorpel wird dünner, rauer und verliert seine Elastizität. Kleine Risse können entstehen, Knorpelstücke können sich ablösen. Dadurch erhöht sich die Reibung im Gelenk, was zu Schmerzen führt. Im fortgeschrittenen Stadium kann der Knorpel vollständig abgerieben sein, sodass Knochen auf Knochen reibt. Der Körper versucht, den Schaden zu kompensieren, was aber oft zu weiteren Problemen führt:

    • Knochenveränderungen: Der Knochen unter dem geschädigten Knorpel verdichtet sich (subchondrale Sklerosierung). An den Rändern der Gelenkflächen können sich knöcherne Auswüchse bilden (Osteophyten), die die Beweglichkeit einschränken können. In Hauptbelastungszonen können sich auch flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (Zysten) im Knochen bilden.
    • Entzündung der Gelenkinnenhaut (Synovialitis): Durch Knorpelabrieb und biomechanischen Stress kann sich die Gelenkinnenhaut entzünden. Man spricht dann von einer "aktivierten Arthrose". Das Gelenk ist geschwollen, überwärmt und schmerzt auch in Ruhe.
    • Veränderungen an Bändern und Kapsel: Bänder können überdehnt  werden, wodurch das Gelenk an Stabilität verliert oder die Gelenkkapseln können schrumpfen, wodurch sich das mögliche Bewegungsausmaß des Gelenks verringert
    • Muskuläre Dysbalancen: Schmerzen und Bewegungseinschränkung führen oft zu einer Schonhaltung und Schwächung der gelenkumgebenden Muskulatur, was die Gelenkinstabilität und Belastung der genannten Gelenkstrukturen weiter erhöht.

    Abgrenzung zur Arthritis

    Es ist wichtig, Arthrose von Arthritis zu unterscheiden. Während Arthrose primär degenerativ ("Verschleiß") ist (auch wenn Entzündungen auftreten können), ist Arthritis eine primär entzündliche Gelenkerkrankung (z.B. Rheumatoide Arthritis, Gichtarthritis). Die Behandlungsansätze unterscheiden sich grundlegend.

    Risikofaktoren:  Der Verlauf der Arthrose wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflußt :

    • Alter: Das größte Risiko. Knorpel verliert mit der Lebenszeit an Wassergehalt, Elastizität und Widerstandsfähigkeit.
    • Übergewicht/Adipositas: Ein sehr bedeutender Risikofaktor, insbesondere für Knie-, Hüft- und Sprunggelenksarthrose. Jedes zusätzliche Kilogramm Körpergewicht erhöht die Belastung auf die Gelenke um ein Vielfaches. Fettgewebe produziert zudem entzündungsfördernde Botenstoffe.
    • Gelenkfehlstellungen: Angeborene oder erworbene Fehlstellungen wie X-Beine (Valgus) oder O-Beine (Varus) führen zu einer ungleichmäßigen Belastung des Gelenkknorpels und begünstigen dessen Abnutzung in der Hauptbelastungszone.
    • Übermäßige Gelenkbelastung: Langjährige schwere körperliche Arbeit, bestimmte Sportarten mit hoher Stoßbelastung oder häufigen Stop-and-Go-Bewegungen (z.B. Fußball, Tennis).
    • Gelenkverletzungen: Frühere Verletzungen wie Knochenbrüche mit Gelenkbeteiligung, Kreuzbandrisse, Meniskusschäden oder Knorpelverletzungen erhöhen das Risiko einer späteren Arthrose (posttraumatische Arthrose).
    • Genetische Veranlagung: Eine erbliche Komponente spielt ebenfalls eine Rolle, insbesondere bei Arthrose der Fingergelenke und bei generalisierter Arthrose.
    • Geschlecht: Frauen sind häufiger betroffen als Männer, besonders nach der Menopause (möglicherweise hormonelle Einflüsse).
    • Andere Erkrankungen: Entzündliche Gelenkerkrankungen (wie Rheumatoide Arthritis), Stoffwechselerkrankungen (wie Gicht, Diabetes) oder angeborene Gelenkerkrankungen können sekundär zu Arthrose führen.

    Häufig betroffene Gelenke: Arthrose kann prinzipiell jedes Gelenk betreffen. Am häufigsten sind:

    • Kniegelenk (Gonarthrose)
    • Hüftgelenk (Coxarthrose)
    • Fingergelenke (Heberden- und Bouchard-Arthrose der End- und Mittelgelenke)
    • Daumensattelgelenk (Rhizarthrose)
    • Wirbelsäule (Facettengelenksarthrose / Spondylarthrose)
    • Schultergelenk (Omarthrose)
    • Großzehengrundgelenk (Hallux rigidus)
    • Sprunggelenk

    Die Folgen der Arthrose sind Schmerzen, zunehmende Bewegungseinschränkungen und Steifigkeit, die die Mobilität, die Fähigkeit zur Verrichtung alltäglicher Aufgaben und somit die Lebensqualität erheblich beeint

    Symptome und Diagnose

    Die Symptome der Arthrose entwickeln sich meist schleichend über Jahre hinweg und können in ihrer Intensität stark schwanken. Nicht immer korreliert das Ausmaß der Gelenkveränderungen im Röntgenbild mit der Stärke der Beschwerden. Manche Menschen haben deutliche Arthrosezeichen im Röntgen, aber kaum Schmerzen, während andere unter starken Schmerzen bei nur geringen radiologischen Veränderungen leiden.

    Typische Symptome
    • Anlaufschmerz: Schmerzen und Steifigkeit zu Beginn einer Bewegung nach einer Ruhephase (z.B. morgens nach dem Aufstehen oder nach längerem Sitzen). Die Beschwerden bessern sich meist nach einigen Minuten Bewegung ("Einlaufen").
    • Belastungsschmerz: Schmerzen, die während oder nach körperlicher Aktivität auftreten und mit zunehmender Belastungsdauer stärker werden.
    • Ruheschmerz: Schmerzen, die auch ohne Belastung in Ruhe oder nachts auftreten. Dies ist oft ein Zeichen für eine entzündliche Aktivierung der Arthrose ("aktivierte Arthrose").
    • Steifigkeitsgefühl: Gefühl der Steifigkeit im Gelenk, besonders morgens oder nach Ruhephasen. Die Morgensteifigkeit bei Arthrose hält typischerweise nur kurz an (weniger als 30 Minuten), im Gegensatz zur oft länger andauernden Morgensteifigkeit bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.
    • Bewegungseinschränkung: Der Bewegungsumfang des betroffenen Gelenks nimmt ab. Bewegung mit oder ohne Belastung kann schmerzhaft oder nicht mehr endgradig möglich sein.
    • Gelenkgeräusche (Krepitation): Ein Knirschen, Knacken oder Reiben im Gelenk bei Bewegung, verursacht durch die rauen Knorpeloberflächen oder lose Knorpelteilchen.
    • Gelenkschwellung und Erguss: Sichtbare oder tastbare Schwellung des Gelenks durch eine vermehrte Produktion von Gelenkflüssigkeit, oft bei aktivierter Arthrose. Das Gelenk kann sich auch überwärmt anfühlen.
    • Gelenkdeformität: In fortgeschrittenen Stadien kann es zu sichtbaren Verformungen des Gelenks durch Knochenanbauten (Osteophyten) oder Fehlstellungen kommen.
    • Instabilitätsgefühl: Gefühl der Unsicherheit oder des "Wegknickens" im Gelenk, z.B. im Knie.
    • Muskelverspannungen: Schmerzbedingte Schonhaltung und Fehlbelastung können  zu Verspannungen der umliegenden Muskulatur führen.

    Diagnostischer Weg

    Die Diagnose Arthrose wird in erster Linie anhand der typischen Symptome und der körperlichen Untersuchung gestellt. Bildgebende Verfahren bestätigen die Diagnose und helfen, das Stadium einzuschätzen und andere Ursachen auszuschließen.

    1. Anamnese (Krankengeschichte): Der Arzt oder die Ärztin erfragen detailliert:
      • Art, Lokalisation, Dauer und Stärke der Schmerzen.
      • Wann treten die Schmerzen auf (Anlauf-, Belastungs-, Ruheschmerz)?
      • Ausmaß der Steifigkeit und Bewegungseinschränkung.
      • Einfluss der Beschwerden auf Alltagsaktivitäten und Lebensqualität.
      • Vorhandensein von Risikofaktoren (Alter, Gewicht, Beruf, Sport, Verletzungen, Familiengeschichte).
      • Frühere Behandlungen und deren Erfolg.
    2. Körperliche Untersuchung:
      • Inspektion: Beurteilung der Gelenkstellung (Achsenfehlstellung?), Schwellung, Rötung, Deformitäten, Muskulatur (Verschmächtigung?).
      • Palpation: Abtasten des Gelenks auf Druckschmerzhaftigkeit (Gelenkspalt, Sehnenansätze), Überwärmung, Ergussbildung.
      • Funktionsprüfung: Überprüfung des Bewegungsumfangs (aktiv und passiv), Feststellung von Bewegungsschmerz oder Blockaden. Prüfung der Gelenkstabilität (Bandapparat). Beurteilung der Muskelkraft.
      • Gangbildanalyse: Bei Arthrose der unteren Extremitäten.
      • Spezifische Tests: Durchführung gelenkspezifischer Funktionstests für das betroffene Gelenk).
    3. Bildgebende Verfahren:
      • Röntgen: Standarduntersuchung zur Bestätigung der Arthrose-Diagnose. Typische Zeichen sind:
        • Gelenkspaltverschmälerung: Indirektes Zeichen für Knorpelverlust.
        • Osteophyten: Knöcherne Anbauten an den Rändern der Gelenkflächen.
        • Subchondrale Sklerosierung: Verdichtung des Knochens unter dem Knorpel.
        • Geröllzysten: Flüssigkeitsgefüllte Hohlräume im Knochen.
        • Der Schweregrad der Arthrose wird oft anhand von Röntgenklassifikationen (z.B. Kellgren & Lawrence) eingeteilt. Wichtig: Das Ausmaß der Röntgenveränderungen korreliert nicht immer mit den Beschwerden!
      • MRT (Magnetresonanztomographie): Kann Knorpel, Menisken, Bänder, Knochenmarködeme (Entzündungen im Knochen) und Weichteile detaillierter darstellen. Wird eingesetzt bei unklaren Befunden, zur Planung von Operationen oder bei Verdacht auf Begleitverletzungen.
      • Ultraschall (Sonographie): Gut geeignet zur Darstellung von Gelenkergüssen, Entzündungen der Gelenkinnenhaut (Synovialitis), Baker-Zysten (am Knie) und zur Beurteilung von Sehnen und Bändern. Kann auch zur Steuerung von Gelenkinjektionen genutzt werden.
    4. Blutuntersuchungen: Sind bei primärer Arthrose meist unauffällig. Sie dienen vor allem dem Ausschluss entzündlich-rheumatischer Erkrankungen (z.B. Bestimmung von Entzündungswerten wie CRP, Blutsenkung; Rheumafaktor, CCP-Antikörper etc.).
    5. Gelenkpunktion: Bei einem Gelenkerguss kann Flüssigkeit aus dem Gelenk abpunktiert und analysiert werden (Zellzahl, Kristalle, Bakterien), um eine Entzündung, Gicht oder Infektion auszuschließen.

    Anhand der Gesamtheit der Befunde kann die Diagnose Arthrose gestellt und das Stadium beurteilt werdennsowie eine individuelle Therapieplanung erfolgen.

    Behandlungswege

    Da der Knorpelschaden bei Arthrose nicht rückgängig gemacht werden kann, zielt die Behandlung darauf ab, die Symptome zu lindern (insbesondere Schmerzen), die Gelenkfunktion zu verbessern oder zu erhalten, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu steigern. Die Therapie ist in der Regel multimodal, d.h. sie kombiniert verschiedene Behandlungsansätze. Sie sollte individuell auf die Bedürfnisse und das Stadium der Erkrankung zugeschnitten sein. Ein langfristiger Behandlungsplan ist notwendig.

    Die vier Hauptsäulen der Arthrose-Therapie sind:

    1. Nichtmedikamentöse  Basistherapie
    2. Medikamentöse Therapie
    3. Operative Therapie
    4. Komplementäre Verfahren (ergänzend)
    1. Nichtmedikamentöse Basistherapie

    Diese Maßnahmen bilden das Fundament jeder Arthrosebehandlung und sollten immer an erster Stelle stehen und langfristig beibehalten werden!

    • Patientenschulung und Information: Aufklärung über das Krankheitsbild, Behandlungsoptionen und vor allem über Selbstmanagement-Strategien. Verständnis fördert die Therapietreue (Adhärenz).
    • Bewegungstherapie und Physiotherapie: Absolut zentral! Entgegen früheren Annahmen ist Bewegung bei Arthrose nicht schädlich, sondern essenziell. Ziele:
      • Kräftigung der gelenkumgebenden Muskulatur: Starke Muskeln stabilisieren das Gelenk und wirken stoßdämpfend.
      • Erhalt und Verbesserung der Beweglichkeit: Dehnungsübungen gegen Kapselschrumpfung und Bewegungseinschränkungen.
      • Verbesserung der Koordination und Propriozeption (Gelenkwahrnehmung).
      • Empfohlene Aktivitäten: Gelenkschonende Ausdauersportarten wie Radfahren, Schwimmen, Aqua-Gymnastik, Nordic Walking. Gezielte physiotherapeutische Übungsprogramme. Überlastung vermeiden, aber regelmäßig aktiv sein!
    • Gewichtsreduktion: Bei übergewichtigen oder adipösen Patienten ist dies eine der wirksamsten Maßnahmen, insbesondere bei Knie- und Hüftarthrose. Jedes Kilo weniger reduziert die Gelenkbelastung deutlich und kann Schmerzen lindern sowie das Fortschreiten verlangsamen.
    • Gelenkschutz und Entlastung:
      • Vermeidung von Aktivitäten mit hoher Stoßbelastung oder ungünstigen Bewegungen.
      • Einsatz von Hilfsmitteln: Nordic Walking Stöcke auf beiden Seiten geben Sicherheit und unterstützen ein harmonisches Gangbild.
      • Orthopädietechnik: Bandagen zur Stabilisierung, Schuhzurichtungen (Absatzerhöhungen, Pufferabsätze), orthopädische Einlagen zur Korrektur von Fehlstellungen.
      • Ergonomische Anpassungen im Alltag und Beruf.
    • Physikalische Therapie:
      • Wärmeanwendungen: (z.B. Fango, warme Bäder) können bei chronischen Schmerzen und Muskelverspannungen lindernd wirken.
      • Kälteanwendungen: (z.B. Kühlpacks, Quarkwickel) helfen bei akuten Entzündungen ("aktivierte Arthrose") und Schwellungen.
      • Elektrotherapie (z.B. TENS - Transkutane Elektrische Nervenstimulation) zur Schmerzlinderung.
    • Ergotherapie: Training gelenkschonender Bewegungsabläufe für Alltagstätigkeiten, Beratung zu Hilfsmitteln (Greifhilfen, Anziehhilfen etc.), Gelenkschutzinstruktion.

    2. Medikamentöse Therapie

    Dient primär der Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. Sie sollte die Basistherapie unterstützen, nicht ersetzen.

    • Topische NSAR (Salben/Gele): Wirkstoffe wie Diclofenac oder Ibuprofen zum Auftragen auf die Haut über dem betroffenen Gelenk. Gut geeignet für oberflächliche Gelenke (Knie, Hände, Füße), weniger systemische Nebenwirkungen.
    • Paracetamol: Gilt als Schmerzmittel erster Wahl bei leichten bis mäßigen Schmerzen ohne deutliche Entzündung. Die Wirksamkeit bei Arthrose wird jedoch zunehmend diskutiert.
    • Systemische NSAR (Tabletten/Kapseln): Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen etc. wirken gut gegen Schmerzen und Entzündung. Wegen möglicher Nebenwirkungen (Magen-Darm, Herz-Kreislauf, Nieren) sollten sie in der niedrigsten wirksamen Dosis und nur über einen begrenzten Zeitraum eingenommen werden. Oft ist ein Magenschutz (PPI) sinnvoll. Coxibe (Celecoxib, Etoricoxib) haben potenziell weniger Magen-Darm-Nebenwirkungen, aber ähnliche kardiovaskuläre/renale Risiken.
    • Metamizol: Ein weiteres Schmerzmittel als Alternative, wenn NSAR nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind.
    • Opioide: Starke Schmerzmittel (z.B. Tramadol, Tilidin, Morphin). Sollten wegen des Abhängigkeitspotenzials und anderer Nebenwirkungen nur bei sehr starken Schmerzen eingesetzt werden, die auf andere Therapien nicht ansprechen, und möglichst nur kurzfristig unter strenger ärztlicher Kontrolle.
    • Intraartikuläre Injektionen (Spritzen ins Gelenk):
      • Kortikosteroide: Stark entzündungshemmend. Können bei aktivierter Arthrose mit Erguss und Schwellung schnell Linderung verschaffen. Die Wirkung ist jedoch meist nur vorübergehend (wenige Wochen). Häufige Wiederholungen werden kritisch gesehen (mögliche Knorpelschädigung).
      • Hyaluronsäure: Soll die "Gelenkschmiere" verbessern. Die Wirksamkeit ist wissenschaftlich umstritten, die Effekte oft gering und nicht anhaltend. Wird von den gesetzlichen Krankenkassen meist nicht übernommen.
    • "Knorpelschutzmittel" (SYSADOA): Glucosamin und Chondroitinsulfat (als Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel). Die wissenschaftliche Evidenz für eine relevante schmerzlindernde oder knorpelschützende Wirkung ist schwach und inkonsistent. Werden in den Leitlinien nicht empfohlen.

    3. Operative Therapie

    Operationen werden erwogen, wenn die konservativen Maßnahmen über einen längeren Zeitraum (mind. 3-6 Monate) ausgeschöpft sind und die Patienten weiterhin unter starken Schmerzen und erheblichen Funktionseinschränkungen leiden, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.

    • Arthroskopie (Gelenkspiegelung): Eine "Gelenkspülung" oder Knorpelglättung bei diffuser Arthrose hat keinen nachgewiesenen Nutzen und wird nicht empfohlen. Sinnvoll kann sie bei spezifischen Problemen sein, z.B. zur Entfernung freier Gelenkkörper oder zur Behandlung eines symptomatischen Meniskusrisses.
    • Umstellungsosteotomie: Chirurgische Korrektur einer Achsenfehlstellung (z.B. O-Bein am Knie). Durch die Korrektur der Beinachse wird der Druck auf den geschädigten Gelenkanteil reduziert und auf den gesünderen Anteil verlagert. Kann bei jüngeren, aktiven Patienten mit einseitiger Arthrose und Fehlstellung sinnvoll sein, um den Gelenkersatz hinauszuzögern.
    • Gelenkersatz (Endoprothetik): Ein künstliches Gelenk (Totalendoprothese - TEP, oder Teilprothese) ersetzt das zerstörte Gelenk. Dies ist eine sehr erfolgreiche Operation bei fortgeschrittener Hüft- und Kniearthrose mit hohen Zufriedenheitsraten hinsichtlich Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung. Auch für Schulter-, Sprung- und Fingergelenke verfügbar. Die Entscheidung für einen Gelenkersatz ist eine große, die sorgfältig abgewogen werden muss (Risiken der OP, begrenzte Haltbarkeit der Prothesenkomponenten).
    • Arthrodese (Gelenkversteifung): Das Gelenk wird operativ versteift. Dies beseitigt den Schmerz, aber auch die Beweglichkeit. Kommt nur noch selten in Betracht, z.B. bei bestimmten Gelenken (Sprunggelenk, Handgelenk, Finger) oder nach fehlgeschlagenem Gelenkersatz.

    4. Komplementäre Verfahren

    Methoden wie Akupunktur, manuelle Therapie oder medizinische Bäder können bei manchen Patienten zur Linderung von Schmerzen oder Muskelverspannungen beitragen. Die wissenschaftliche Evidenz ist jedoch oft begrenzt. Sie können als Ergänzung, aber nicht als Ersatz für die Basistherapie erwogen werden.

    Die optimale Arthrose-Therapie ist immer eine individuelle Kombination verschiedener Bausteine, die regelmäßig an den Verlauf und die Bedürfnisse angepasst werden muss.

    Rehabilitation und Alltagsmanagement

    Da Arthrose eine chronische Erkrankung ist, die nicht geheilt, aber gut gemanagt werden kann, sind Rehabilitation und ein konsequentes Alltagsmanagement entscheidend für den langfristigen Erhalt von Funktion und Lebensqualität.

    Rehabilitation bei Arthrose

    Eine medizinische Rehabilitation ist insbesondere nach Gelenkersatzoperationen (Endoprothetik) als Anschlussheilbehandlung (AHB) Standard. Sie kann aber auch bei fortgeschrittener Arthrose ohne Operation sinnvoll sein, um konservative Therapiestrategien zu intensivieren und das Selbstmanagement zu schulen. Ziele der Reha sind:

    • Schmerzlinderung.
    • Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit und -funktion.
    • Kräftigung der Muskulatur.
    • Gangschulung und Verbesserung der Koordination/Balance (Sturzprävention).
    • Erlernen von gelenkschonendem Verhalten für den Alltag.
    • Umgang mit Hilfsmitteln (Gehstützen, Prothese).
    • Gewichtsmanagement.
    • Psychologische Unterstützung zur Krankheitsbewältigung und Schmerzverarbeitung.
    • Sozialberatung (z.B. bezüglich Arbeitsplatz, Haushaltshilfen).

    Die Reha erfolgt meist stationär oder ganztägig ambulant über mehrere Wochen und beinhaltet ein intensives, multimodales Programm aus Physiotherapie, Ergotherapie, physikalischer Therapie, Schulungen und psychologischer Betreuung.

    Alltagsmanagement – Aktiv bleiben und Gelenke schützen

    Der Schlüssel zum Leben mit Arthrose liegt darin, die in Therapie und Reha erlernten Strategien dauerhaft in den Alltag zu integrieren:

    • Regelmäßige Bewegung: Bleiben Sie aktiv! Bewegungsmangel verschlimmert Arthrose oft. Wählen Sie gelenkschonende Aktivitäten (Radfahren, Schwimmen, Aqua-Fitness, Nordic Walking, Tai Chi, Yoga) und führen Sie diese regelmäßig durch. Integrieren Sie auch die erlernten Kräftigungs- und Dehnungsübungen in Ihren Alltag. Hören Sie auf Ihren Körper und vermeiden Sie Überlastung, aber finden Sie ein gesundes Maß an Aktivität.
    • Gewichtskontrolle: Bei Übergewicht ist das Erreichen und Halten eines geringeren Körpergewichts von enormer Bedeutung, um die Gelenke zu entlasten. Eine dauerhafte Ernährungsumstellung ist hierfür unerlässlich.
    • Gelenkschonendes Verhalten:
      • Vermeiden Sie Aktivitäten mit hoher Stoßbelastung (Springen, abrupte Stopps).
      • Tragen Sie gut dämpfende Schuhe, ggf. mit Einlagen.
      • Heben und tragen Sie schwere Lasten richtig 
      • Nutzen Sie Hilfsmittel (Nordic Walking Stöcke, Trolley statt Tragetasche), um die Gelenke gleichzeitig und ausgeglichen zu belasten.
      • Passen Sie Arbeitsplatz und Wohnumfeld ergonomisch an.
      • Wechseln Sie häufiger zwischen Sitzen, Stehen und Gehen.
    • Schmerzmanagement: Lernen Sie, mit den Schmerzen umzugehen. Wenden Sie Schmerzmittel nur bei Bedarf und nach ärztlicher Absprache an. Nutzen Sie physikalische Maßnahmen (Wärme bei Steifigkeit, Kälte bei Entzündung). Erlernen Sie Entspannungstechniken. Akzeptieren Sie, dass es gute und schlechtere Tage geben kann.
    • Hilfsmittel nutzen: Setzen Sie verordnete Hilfsmittel wie Gehstöcke, Bandagen, Orthesen oder Einlagen konsequent ein, um die Gelenke zu stabilisieren und zu entlasten. Nutzen Sie Hilfen im Haushalt (Greifzangen, Anziehhilfen), um schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden.
    • Selbsthilfe und Austausch: Der Kontakt zu anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein, um Erfahrungen auszutauschen, praktische Tipps zu erhalten und emotionale Unterstützung zu finden.
    • Positive Einstellung und Akzeptanz: Arthrose ist chronisch, aber das bedeutet nicht, dass man das Leben nicht mehr genießen kann. Eine positive Grundeinstellung, die Akzeptanz der Erkrankung und die Konzentration auf das, was noch möglich ist, tragen wesentlich zur Lebensqualität bei.

    Ein aktives Selbstmanagement, unterstützt durch regelmäßige ärztliche und therapeutische Begleitung, ermöglicht es den meisten Menschen mit Arthrose, trotz der Erkrankung mobil und selbstständig zu bleiben.

    Caspar Health und Unterstützung bei Arthrose

    Im Rahmen der Nachsorge und des langfristigen Managements bietet die Caspar Clinic mit der digitalen Therapieplattform Caspar Health eine besondere Form der Betreuung an: die kombinierte Versorgung. Dieses Modell verbindet die Flexibilität einer digitalen Anwendung mit der persönlichen und kontinuierlichen Betreuung durch einen festen Therapeuten, der den Patienten wie ein Personal Trainer begleitet.

    Der entscheidende Punkt ist, dass der Patient die Übungen nicht selbst auswählt. Stattdessen erstellt sein persönlicher Therapeut einen individuellen und vielschichtigen Therapieplan, der genau auf seine Bedürfnisse und seine Belastbarkeit bei Arthrose zugeschnitten ist. Die Übungen werden vom Patienten selbstständig zu Hause durchgeführt, und über die Plattform gibt er regelmäßig Rückmeldung zu seinem Schmerzniveau und seinen Fortschritten. Auf Basis dieses Feedbacks passt der Therapeut den Therapieplan kontinuierlich an, um eine stetige Weiterentwicklung und eine hohe Therapiequalität sicherzustellen.

    Ein solcher umfassender Therapieplan kann Inhalte aus allen relevanten Bereichen umfassen:

    • Gelenkspezifische Bewegungstherapie: Angeleitete, gelenkschonende Übungen zur Kräftigung der Muskulatur rund um das betroffene Gelenk (z.B. Knie, Hüfte) und zur Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination.
    • Schmerzmanagement: Wissensvermittlung und Strategien zum Umgang mit chronischen Schmerzen, um die Lebensqualität zu steigern.
    • Psychoedukation: Wichtige Informationen zu den Prinzipien des Gelenkschutzes, der Bedeutung von Bewegung und Gewichtsmanagement im Alltag.
    • Entspannungstechniken: Anleitungen zur Muskelentspannung, die helfen können, schmerzbedingte Verspannungen zu lösen.

    Dieses Modell der kombinierten Versorgung sichert eine hohe Motivation für das Heimtraining und ermöglicht eine nahtlose Weiterbehandlung nach einem Klinikaufenthalt. Die zeitliche und örtliche Flexibilität erleichtert die Integration der Therapie in den Berufs- und Privatalltag.

    Wichtig: Digitale Angebote wie Caspar Health sind als unterstützende Maßnahme im Management der Arthrose zu verstehen. Sie ersetzen keine ärztliche Diagnose oder eine notwendige physiotherapeutische Einzelbehandlung, insbesondere nicht in akuten Schmerzphasen. Der Einsatz sollte immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder Physiotherapeuten erfolgen, um sicherzustellen, dass die Übungen – insbesondere im Hinblick auf gelenkschonende Ausführung und Intensität – für die individuelle Situation geeignet sind und korrekt ausgeführt werden.

    Häufig Gestellte Fragen (FAQs) und Zusätzliche Ressourcen

    Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufige Fragen sowie Verweise auf vertrauenswürdige Informationsquellen.
    Häufig Gestellte Fragen (FAQs):
    Verursacht Arthrose Gelenkknacken?
    Sollte man sich bei Arthroseschmerzen schonen oder bewegen?
    Kann die Ernährung Arthrose beeinflussen?
    Wann ist eine Operation (Gelenkersatz) bei Arthrose notwendig?
    Zusätzliche Ressourcen:
    • Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.: Bietet umfassende Informationen und Beratung auch zu Arthrose, Selbsthilfegruppen.
    • Deutsche Arthrose-Hilfe e.V.: Gemeinnütziger Verein speziell für Arthrose-Betroffene mit Informationen und Magazin.
    • Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU): Patienteninformationen auf der Webseite.

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