Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die durch eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts gekennzeichnet ist. Sie stellt weltweit und auch in Deutschland ein wachsendes Gesundheitsproblem dar, mit einer hohen Prävalenz in allen Altersgruppen. Adipositas ist ein komplexes Geschehen, das aus dem Zusammenspiel von genetischen, biologischen, psychologischen, sozialen und Umweltfaktoren resultiert und mit einem deutlich erhöhten Risiko für zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen verbunden ist. Die gute Nachricht ist, dass Adipositas behandelbar ist. Umfassende und langfristige Strategien, die auf einer Änderung des Lebensstils basieren und individuell angepasst werden, können zu einer deutlichen Gewichtsreduktion und Verbesserung der Gesundheit führen. Wissen über die Erkrankung ist der erste Schritt zu einem erfolgreichen Management.
Die Erkrankung verstehen
Adipositas wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine chronische Krankheit definiert, bei der ein übermäßiger Anteil an Körperfett zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Das am häufigsten verwendete Maß zur Klassifizierung von Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen ist der Body-Mass-Index (BMI).
BMI-Berechnung und Klassifikation: Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm (kg) geteilt durch die Körpergröße in Metern (m) zum Quadrat: BMI = Gewicht (kg) / (Größe (m))².
Die WHO-Klassifikation für Erwachsene lautet:
Es ist wichtig zu beachten, dass der BMI allein nicht perfekt ist. Er unterscheidet nicht zwischen Fett- und Muskelmasse (sehr muskulöse Menschen können einen hohen BMI ohne Adipositas haben) und sagt nichts über die Fettverteilung aus.
Fettverteilung und Bauchumfang: Neben dem BMI ist die Verteilung des Körperfetts entscheidend für das Gesundheitsrisiko. Insbesondere das Fett im Bauchraum (viszerales Fett) gilt als stoffwechselaktiv und besonders gesundheitsschädlich. Ein einfacher Indikator hierfür ist der Bauchumfang (Taillenumfang), gemessen auf Nabelhöhe. Ein erhöhter Bauchumfang weist auf eine abdominale Adipositas hin und ist ein unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Als Grenzwerte gelten nach den deutschen Leitlinien:
- Frauen: ≥ 88 cm (deutlich erhöhtes Risiko)
- Männer: ≥ 102 cm (deutlich erhöhtes Risiko) (Bereits ab 80 cm bei Frauen und 94 cm bei Männern besteht ein erhöhtes Risiko).
Ursachen der Adipositas: Adipositas ist eine multifaktorielle Erkrankung. Selten liegt nur eine einzige Ursache vor. Meist ist es ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren:
- Genetische Veranlagung: Gene beeinflussen Appetitregulation, Energieverbrauch und Fettstoffwechsel. Eine genetische Prädisposition bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man adipös wird – der Lebensstil spielt eine entscheidende Rolle.
- Energieungleichgewicht: Langfristig wird mehr Energie (Kalorien) über die Nahrung aufgenommen, als durch körperliche Aktivität und Grundumsatz verbraucht wird. Der Überschuss wird als Fett gespeichert.
- Lebensstilfaktoren:
- Ernährung: Hoher Konsum von energiereichen, oft stark verarbeiteten Lebensmitteln (reich an Fett, Zucker, Salz), große Portionen, häufiges Snacken, zuckerhaltige Getränke.
- Bewegungsmangel: Sitzende Tätigkeiten (Beruf, Freizeit), geringe Alltagsbewegung, wenig Sport.
- Schlafmangel: Zu wenig Schlaf kann hormonelle Veränderungen bewirken, die Appetit und Sättigung beeinflussen.
- Psychologische Faktoren: Stress, Frust, Langeweile, Depressionen, Angststörungen oder traumatische Erlebnisse können Essverhalten negativ beeinflussen (z.B. "Frustessen", Binge Eating Disorder).
- Sozioökonomische und Umweltfaktoren: Niedrigerer Bildungsstand und geringeres Einkommen sind statistisch mit höherem Adipositasrisiko assoziiert. Leichte Verfügbarkeit von hochkalorischen Lebensmitteln, Werbung, städtische Planung (wenig Grünflächen, unsichere Wege) spielen ebenfalls eine Rolle.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung zu einer Gewichtszunahme führen (z.B. einige Antidepressiva, Neuroleptika, Kortison, Antidiabetika wie Insulin).
- Endokrine Erkrankungen (selten): Hormonelle Störungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder das Cushing-Syndrom können eine Gewichtszunahme begünstigen, sind aber nur selten die Hauptursache für Adipositas.
Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität: Adipositas ist keine reine Frage des Aussehens, sondern eine ernsthafte Gesundheitsbedrohung. Sie erhöht das Risiko für zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen (Komorbiditäten) erheblich. Zudem leiden Betroffene oft unter sozialer Stigmatisierung, Diskriminierung und psychischem Druck, was die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann.
Symptome und Diagnose
Das Hauptmerkmal der Adipositas ist das übermäßige Körpergewicht bzw. der hohe Körperfettanteil. Direkte Symptome im Sinne von Krankheitsanzeichen gibt es zunächst oft nicht, abgesehen von der sichtbaren Gewichtszunahme. Viele Beschwerden entwickeln sich erst schleichend oder als Folge des Übergewichts und assoziierter Erkrankungen.
Mögliche Begleiterscheinungen und Symptome:
- Erhöhtes Schwitzen: Schon bei geringer Anstrengung oder in Ruhe.
- Kurzatmigkeit (Dyspnoe): Insbesondere bei körperlicher Belastung (Treppensteigen, schnelles Gehen), manchmal auch schon bei leichten Aktivitäten.
- Gelenkschmerzen: Überlastung der gewichttragenden Gelenke führt häufig zu Schmerzen und Verschleiß (Arthrose), vor allem in Knien, Hüften und der Wirbelsäule.
- Eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit: Allgemeine Müdigkeit, schnelle Erschöpfung.
- Schlafbezogene Atemstörungen (Schlafapnoe): Lautes Schnarchen mit Atemaussetzern während der Nacht, was zu Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen führt.
- Hautprobleme: Vermehrt Hautinfektionen in Hautfalten (Intertrigo).
- Psychische Belastungen: Geringes Selbstwertgefühl, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, depressive Verstimmungen, soziale Ängste, Erfahrungen mit Stigmatisierung und Diskriminierung.
- Symptome von Begleiterkrankungen: Wie z.B. vermehrter Durst und Harndrang bei Diabetes Typ 2, Brustschmerzen bei KHK, Blutdruckkrisen bei Hypertonie.
Diagnostischer Weg: Die Diagnose Adipositas wird primär anhand des BMI und des Bauchumfangs gestellt. Eine umfassende Diagnostik ist jedoch wichtig, um das Ausmaß der Erkrankung, mögliche Ursachen, das individuelle Risikoprofil und bereits vorhandene Begleiterkrankungen zu erfassen.
- Anamnese (Krankengeschichte):
- Gewichtsentwicklung: Wann begann die Gewichtszunahme? Frühere Abnehmversuche? Höchstes erreichtes Gewicht? Familiäre Vorbelastung?
- Ernährungsverhalten: Detaillierte Erfassung der Essgewohnheiten (Mahlzeitenfrequenz, Portionsgrößen, Vorlieben, Essanlässe, emotionales Essen, Essanfälle).
- Bewegungsverhalten: Erfassung der körperlichen Aktivität im Beruf, Alltag und in der Freizeit.
- Psychosoziale Situation: Stresslevel, Stimmung, Schlafqualität, soziale Unterstützung, eventuelle psychische Erkrankungen oder Belastungen.
- Medikamentenanamnese: Erfassung aller eingenommenen Medikamente.
- Vorerkrankungen: Bekannte Begleiterkrankungen? Symptome, die auf solche hindeuten?
- Körperliche Untersuchung:
- Messung von Größe und Gewicht: Berechnung des BMI.
- Messung des Bauchumfangs: Beurteilung der Fettverteilung.
- Blutdruckmessung: Screening auf Bluthochdruck.
- Untersuchung von Herz, Lunge, Bauch, Haut und Gelenken. Suche nach Zeichen von Begleiterkrankungen (z.B. Ödeme, Lebervergrößerung).
- Laboruntersuchungen (Blut und Urin):
- Blutzucker: Nüchternblutzucker und HbA1c (Langzeitblutzucker) zum Screening auf Diabetes Typ 2 oder Prädiabetes.
- Blutfette: Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Triglyceride zum Screening auf Fettstoffwechselstörungen.
- Leberwerte: Zum Ausschluss einer Fettlebererkrankung.
- Nierenwerte: Kreatinin, eGFR zur Beurteilung der Nierenfunktion.
- Harnsäure: Zum Ausschluss von Gicht.
- Schilddrüsenwerte (TSH): Zum Ausschluss einer relevanten Schilddrüsenunterfunktion.
- Ggf. weitere Hormonuntersuchungen: Bei spezifischem Verdacht auf seltene endokrine Ursachen (z.B. Cortisol bei Cushing-Verdacht).
- Urinuntersuchung: Auf Eiweiß (Mikroalbuminurie) als frühes Zeichen eines Nierenschadens.
- Weitere Untersuchungen (bei Bedarf):
- EKG (Elektrokardiogramm): Zur Beurteilung der Herzfunktion.
- Screening auf Schlafapnoe: Bei entsprechenden Symptomen (z.B. mittels Fragebogen oder Polygrafie).
- Psychologische/Psychiatrische Diagnostik: Bei Hinweisen auf Essstörungen, Depressionen oder andere psychische Begleiterkrankungen.
Ein wichtiger Teil der Diagnostik ist auch die Einschätzung der Motivation und Bereitschaft der Patienten für eine langfristige Lebensstiländerung, da diese entscheidend für den Therapieerfolg ist.
Behandlungswege
Die Behandlung der Adipositas ist ein langfristiger Prozess, der eine dauerhafte Änderung des Lebensstils erfordert. Hauptziele sind eine klinisch relevante Gewichtsreduktion (meist >5-10% des Ausgangsgewichts), die langfristige Stabilisierung des erreichten Gewichts, die Behandlung oder Prävention von Begleiterkrankungen und die Verbesserung der Lebensqualität. Die Therapie erfolgt in der Regel nach einem multimodalen, stufenweisen Konzept.
1. Basistherapie (Konservative Therapie): Dies ist die Grundlage jeder Adipositasbehandlung und sollte allen Patienten angeboten werden. Sie kombiniert drei Säulen:
- Ernährungstherapie: Ziel ist eine dauerhafte Umstellung der Ernährungsgewohnheiten hin zu einer ausgewogenen, nährstoffreichen und energiereduzierten Kost. Es geht nicht um kurzfristige Radikaldiäten, sondern um eine langfristig durchhaltbare Veränderung.
- Prinzipien: Reduzierung der Kalorienzufuhr (meist ein Defizit von ca. 500-800 kcal pro Tag), Bevorzugung von ballaststoffreichen Lebensmitteln (Gemüse, Obst, Vollkornprodukte), ausreichende Eiweißzufuhr, Reduzierung von Fett (insbesondere gesättigte Fette) und Zucker (besonders in Getränken und Süßigkeiten), bewusste Auswahl von Lebensmitteln, Erlernen gesunder Zubereitungsmethoden, strukturierte Mahlzeiten, Achten auf Portionsgrößen.
- Unterstützung: Professionelle Ernährungsberatung oder -therapie (durch zertifizierte Fachkräfte, Diätassistent*in, Ökotrophologe*in) ist essenziell, um individuelle Pläne zu entwickeln und die Umsetzung zu begleiten. Ernährungstagebücher können helfen.
- Bewegungstherapie: Steigerung der körperlichen Aktivität zur Erhöhung des Energieverbrauchs, Verbesserung der Fitness, des Stoffwechsels und des psychischen Wohlbefindens.
- Prinzipien: Kombination aus Ausdauertraining (z.B. zügiges Gehen, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen – gelenkschonende Varianten bevorzugen) und Krafttraining zum Muskelerhalt bzw. -aufbau (Muskeln verbrauchen Energie). Langsamer Beginn und schrittweise Steigerung von Dauer, Häufigkeit und Intensität. Ziel: Mindestens 150 Minuten moderate Ausdaueraktivität pro Woche, verteilt auf mehrere Tage, plus Krafttraining. Reduzierung von Sitzzeiten im Alltag.
- Unterstützung: Physiotherapeutische Anleitung, spezielle Bewegungsgruppen für Menschen mit Adipositas, Nutzung von Schrittzählern oder Fitness-Trackern.
- Verhaltenstherapie: Unterstützung bei der Änderung von Verhaltensmustern, die zur Adipositas beitragen, und Stärkung der Selbstmanagementfähigkeiten.
- Techniken: Selbstbeobachtung (Ernährungs- und Bewegungstagebuch), Zielsetzung (realistische, kleine Schritte), Stimuluskontrolle (Umgang mit Auslösern für ungesundes Essverhalten), Problemlösestrategien, kognitive Umstrukturierung (Umgang mit negativen Gedanken/Glaubenssätzen), Belohnungsstrategien, Stressbewältigung, Rückfallprävention.
- Formate: Oft in Gruppenprogrammen (strukturiert über mehrere Monate) oder als Einzeltherapie bei Psychotherapeuten mit entsprechender Spezialisierung.
Diese drei Säulen sollten immer kombiniert und über einen längeren Zeitraum (mindestens 6-12 Monate intensiv) durchgeführt werden.
2. Medikamentöse Therapie: Eine medikamentöse Behandlung kann als Ergänzung zur Basistherapie erwogen werden, wenn:
- Ein BMI von ≥ 30 kg/m² vorliegt ODER
- Ein BMI von ≥ 27 kg/m² mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung (z.B. Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Schlafapnoe) vorliegt UND
- Eine angemessene konservative Therapie (mind. 6 Monate) nicht zu ausreichender Gewichtsreduktion (>5%) geführt hat.
Die verfügbaren Medikamente in Deutschland sind begrenzt und haben spezifische Wirkmechanismen, Nebenwirkungen und Kosten. Aktuell zugelassene Optionen (Stand kann sich ändern) können sein: Orlistat (hemmt Fettaufnahme im Darm), Liraglutid oder Semaglutid (GLP-1-Analoga, wirken auf Appetit und Sättigung). Die Entscheidung für eine medikamentöse Therapie muss individuell mit dem Arzt getroffen werden und erfordert eine engmaschige Überwachung und die Fortführung der Lebensstiländerungen.
3. Chirurgische Therapie (Bariatrische und Metabolische Chirurgie): Operative Verfahren sind die effektivste Methode zur deutlichen und langfristigen Gewichtsreduktion bei schwerer Adipositas. Sie kommen in Frage bei:
- BMI ≥ 40 kg/m² ODER
- BMI ≥ 35 kg/m² mit schweren gewichtsbedingten Begleiterkrankungen UND
- Versagen aller konservativen Behandlungsversuche über einen ausreichenden Zeitraum.
- Ausreichender Motivation und Kooperationsbereitschaft für die lebenslange Nachsorge.
Gängige Verfahren sind:
- Schlauchmagenbildung (Sleeve Gastrectomy): Verkleinerung des Magens zu einem Schlauch.
- Roux-en-Y-Magenbypass: Verkleinerung des Magens und Umleitung des Dünndarms, sodass Nahrung später mit Verdauungssäften in Kontakt kommt (Kombination aus Restriktion und Malabsorption).
Diese Operationen führen zu deutlichem Gewichtsverlust, verbessern oft Begleiterkrankungen (insbesondere Diabetes Typ 2) erheblich, erfordern aber eine lebenslange Anpassung der Ernährung, die Einnahme von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten und regelmäßige medizinische Nachkontrollen in spezialisierten Zentren. Die Entscheidung für eine Operation muss sorgfältig nach umfassender Prüfung durch ein multidisziplinäres Team (Chirurg, Internist, Ernährungsberater, Psychologe) getroffen werden.
Die Wahl des geeigneten Behandlungsweges ist immer individuell und hängt vom Adipositasgrad, den Begleiterkrankungen, bisherigen Therapieversuchen und den Präferenzen der Patienten ab. Ein langfristiger Behandlungsplan und eine kontinuierliche Betreuung sind entscheidend.
Rehabilitation und Alltagsmanagement
Der Erfolg einer Adipositas-Behandlung hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, die erreichten Veränderungen im Lebensstil dauerhaft im Alltag zu verankern. Rehabilitation und ein strukturiertes Alltagsmanagement sind dabei zentrale Bausteine, insbesondere weil die Rückfallquote nach einer Gewichtsreduktion hoch ist.
Rehabilitation bei Adipositas: Spezialisierte Rehabilitationsmaßnahmen können in verschiedenen Phasen der Behandlung sinnvoll sein:
- Als intensive Startphase: Um eine umfassende Diagnostik, intensive Schulung und den Beginn der Lebensstiländerung unter professioneller Anleitung in einem geschützten Rahmen zu ermöglichen.
- Bei unzureichendem Erfolg ambulanter Maßnahmen: Um die konservative Therapie (Ernährung, Bewegung, Verhalten) zu intensivieren.
- Nach bariatrischer Operation: Um die Anpassung an die neue Situation zu unterstützen, Ernährungsrichtlinien zu festigen, den Umgang mit möglichen Komplikationen zu schulen und die psychische Adaptation zu begleiten.
- Bei schweren Begleiterkrankungen: Wenn Adipositas zusammen mit z.B. schwerem Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegt, kann eine Reha helfen, alle Aspekte koordiniert zu behandeln.
Die Reha findet meist stationär oder ganztägig ambulant über mehrere Wochen statt und umfasst intensivierte Programme der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie, medizinische Betreuung sowie psychologische Unterstützung.
Alltagsmanagement – Strategien für den langfristigen Erfolg: Die größte Herausforderung bei Adipositas ist nicht das Abnehmen selbst, sondern das Halten des erreichten Gewichts. Folgende Strategien sind im Alltag hilfreich:
- Dauerhafte Ernährungsumstellung: Die in der Therapie erlernten Prinzipien der gesunden, ausgewogenen und kalorienangepassten Ernährung müssen zur neuen Normalität werden. Dies erfordert kontinuierliche Planung, bewusstes Einkaufen und Zubereiten von Mahlzeiten.
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Bewegung muss ein fester Bestandteil des Tagesablaufs bleiben, auch nach Erreichen des Wunschgewichts. Ein Mix aus Ausdauer- und Krafttraining ist ideal. Ziele setzen, feste Termine einplanen, Aktivität im Alltag steigern (Treppe statt Aufzug, Fahrrad statt Auto).
- Kontinuierliche Selbstbeobachtung: Regelmäßiges Wiegen (z.B. einmal pro Woche), Führen eines Ernährungs- und/oder Bewegungstagebuchs (ggf. phasenweise) kann helfen, das Bewusstsein für das eigene Verhalten aufrechtzuerhalten und frühzeitig auf unerwünschte Entwicklungen zu reagieren.
- Struktur und Routinen: Feste Essenszeiten, geplante Mahlzeiten und feste Zeiten für Bewegung helfen, gesunde Gewohnheiten zu stabilisieren.
- Umgang mit Risikosituationen: Strategien entwickeln für Situationen, die zu altem Ess- oder Bewegungsverhalten verleiten könnten (z.B. Stress, Feiern, Urlaub, Restaurantbesuche). Vorausplanen, gesunde Alternativen bereithalten, Unterstützung suchen.
- Rückfallmanagement: Rückfälle sind normal und kein Grund aufzugeben. Wichtig ist, sie frühzeitig zu erkennen, die Ursachen zu analysieren und schnell wieder in das gesunde Verhalten zurückzufinden. Unterstützung durch Therapeuten oder Selbsthilfegruppen kann hier sehr wertvoll sein.
- Soziale Unterstützung: Ein unterstützendes Umfeld (Familie, Freunde) ist hilfreich. Offene Kommunikation über Ziele und Herausforderungen. Der Austausch in Selbsthilfegruppen kann motivieren und praktische Tipps liefern.
- Psychische Stabilität: Weiterarbeit an psychologischen Themen (Stressbewältigung, Umgang mit Emotionen, Selbstwertgefühl, Körperbild). Bei Bedarf psychotherapeutische Unterstützung fortsetzen.
- Regelmäßige medizinische Nachsorge: Kontrolltermine beim Arzt oder der Ärztin zur Überwachung des Gewichts, der Begleiterkrankungen und der allgemeinen Gesundheit wahrnehmen. Nach bariatrischer OP sind lebenslange Nachkontrollen in spezialisierten Zentren zwingend erforderlich.
Langfristiges Gewichtsmanagement bei Adipositas erfordert Geduld, Ausdauer und die Bereitschaft, kontinuierlich an sich zu arbeiten. Es ist ein Marathon, kein Sprint, aber mit den richtigen Strategien und Unterstützung ist ein gesünderes Leben möglich.
Caspar Health und Unterstützung bei Adipositas
Digitale Gesundheitsplattformen wie Caspar Health können Patienten mit Adipositas eine wertvolle und flexible Unterstützung bei der Umsetzung und Aufrechterhaltung der notwendigen Lebensstiländerungen bieten. Sie ergänzen traditionelle Therapieformen und helfen, Gesundheitsziele im Alltag zu verfolgen.
Caspar Health kann in den zentralen Bereichen der konservativen Adipositastherapie eingesetzt werden:
- Bewegungstherapie: Die Plattform bietet eine Vielzahl von angeleiteten Übungsvideos, die an unterschiedliche Fitnesslevel und Bedürfnisse angepasst werden können. Für Patienten mit Adipositas sind insbesondere gelenkschonende Ausdauerübungen sowie Übungen zur Kräftigung der Muskulatur relevant. Die Videos ermöglichen ein strukturiertes Training zu Hause.
- Ernährungsunterstützung: Caspar Health kann edukative Inhalte zur gesunden Ernährung bereitstellen, z.B. Informationen über Nährstoffe, Tipps zur Mahlzeitenplanung, gesunde Rezepte oder Hinweise zum Lesen von Lebensmittel-Etiketten. Dies unterstützt die notwendige Ernährungsumstellung.
- Verhaltensänderung und Motivation: Module zur Wissensvermittlung über Adipositas, zur Zielsetzung, zur Selbstbeobachtung oder zum Umgang mit Heißhungerattacken können integriert sein. Auch Anleitungen zu Stressbewältigungstechniken oder Achtsamkeitsübungen können angeboten werden, um psychologische Aspekte zu adressieren.
- Tracking und Monitoring: Funktionen zur Dokumentation von körperlicher Aktivität, Gewicht oder Mahlzeiten (je nach Modul) können Patienten helfen, ihren Fortschritt zu verfolgen und motiviert zu bleiben.
Die Nutzung einer digitalen Plattform wie Caspar Health bietet den Vorteil, dass Unterstützung und Anleitung jederzeit und ortsunabhängig verfügbar sind. Dies kann die Therapietreue erhöhen und helfen, gesunde Routinen nach einer Reha oder Beratung im Alltag zu festigen.
Es ist jedoch wichtig, dass die Nutzung solcher digitalen Angebote im Rahmen einer Adipositastherapie immer in Absprache mit dem behandelnden ärztlichen Personal, Ernährungsfachkräften oder Therapeuten erfolgt. Diese können sicherstellen, dass die ausgewählten Module und Übungsintensitäten medizinisch sinnvoll und sicher sind und sich gut in den individuellen Behandlungsplan einfügen. Digitale Tools sind eine Ergänzung, ersetzen aber nicht die persönliche Betreuung und Beratung durch Fachleute. Einige digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Unterstützung bei Adipositas oder verwandten Themen wie Bewegung oder Ernährung können in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen ärztlich verordnet werden.
Häufig Gestellte Fragen (FAQs) und Zusätzliche Ressourcen
Häufig Gestellte Fragen (FAQs):
Nein, der BMI ist ein wichtiger erster Anhaltspunkt, hat aber Grenzen (berücksichtigt z.B. keine Muskelmasse). Zusätzlich ist der Bauchumfang wichtig, da er Auskunft über das gesundheitsschädliche Bauchfett gibt. Eine umfassende Beurteilung berücksichtigt immer auch Begleiterkrankungen und individuelle Risikofaktoren.
Dieser Artikel wurde zur Sicherstellung der medizinischen Richtigkeit von einem unserer Ärzte geprüft. Bitte lassen Sie diese Informationen dennoch von Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten überprüfen.
Weder noch. Adipositas ist eine komplexe Erkrankung mit einer starken genetischen Komponente, die z.B. Appetit und Stoffwechsel beeinflusst. Diese Veranlagung führt aber meist nur dann zur Adipositas, wenn ungünstige Umwelt- und Lebensstilfaktoren (Ernährung, Bewegung, Stress) hinzukommen. Es ist keine Frage von Willensschwäche, sondern eine Erkrankung, deren Entstehung und Aufrechterhaltung von vielen Faktoren beeinflusst wird.
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Nicht unbedingt. "Light" bedeutet oft nur, dass ein Bestandteil (z.B. Fett oder Zucker) reduziert wurde. Manchmal wird dies durch einen höheren Anteil anderer unerwünschter Stoffe (z.B. mehr Zucker in fettreduzierten Produkten) oder künstliche Süßstoffe kompensiert. Entscheidend ist die Gesamtkalorienbilanz und eine ausgewogene Ernährung. Ein kritischer Blick auf die Nährwertangaben ist immer sinnvoll.
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Nein, eine bariatrische Operation ist keine "einfache Lösung". Sie ist ein schwerwiegender Eingriff, der nur bei sehr schwerer Adipositas und nach Ausschöpfung konservativer Methoden in Frage kommt. Sie erfordert eine lebenslange, sehr disziplinierte Anpassung der Ernährungsgewohnheiten, die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und eine kontinuierliche medizinische Nachsorge, um Mangelerscheinungen und Komplikationen zu vermeiden. Sie ist ein Werkzeug, das nur im Rahmen eines umfassenden Behandlungskonzepts erfolgreich ist.
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Das Fett im Bauchraum (viszerales Fett) umgibt die inneren Organe und ist stoffwechselaktiver als Unterhautfettgewebe. Es produziert Botenstoffe (Hormone und Entzündungsmediatoren), die unter anderem zu Insulinresistenz (Vorstufe von Diabetes Typ 2), Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und chronischen Entzündungsprozessen im Körper beitragen. Daher ist ein hoher Bauchumfang auch bei moderatem BMI ein wichtiger Risikofaktor.
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- Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V.: Wissenschaftliche Fachgesellschaft mit Leitlinien und Informationen.
- Kompetenznetz Adipositas: Vom BMBF gefördertes Netzwerk mit Forschungsinformationen und Kliniksuche.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) - Übergewicht & Adipositas: Informationen und Tipps für Betroffene.
- https://www.uebergewicht-vorbeugen.de (oder ähnliche BZgA-Portale)
- Adipositas Verband Deutschland e.V.: Selbsthilfeorganisation für Betroffene.