Brustkrebs (Mammakarzinom): Ein umfassender Leitfaden für Betroffene, Angehörige und Interessierte

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Brustkrebs, medizinisch Mammakarzinom genannt, ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Jedes Jahr erhalten viele tausend Frauen diese Diagnose, die das Leben tiefgreifend verändert. Auch Männer können, wenn auch selten, an Brustkrebs erkranken. Trotz der Häufigkeit sind die Überlebenschancen in den letzten Jahrzehnten dank Fortschritten in der Früherkennung und insbesondere durch die Möglichkeit einer zielgerichteten und damit wirksameren Behandlungsmethode deutlich gestiegen. Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs; es gibt verschiedene Unterformen, die sich in ihrer Biologie und ihrem Ansprechen auf Therapien unterscheiden. Die Diagnose stellt für Betroffene und ihre Familien oft einen Schock dar und ist mit vielen Ängsten und Unsicherheiten verbunden. Umfassende Informationen, eine auf die persönliche Situation zugeschnittene Behandlung und gute Unterstützung sind entscheidend für den Therapieprozess. Wissen über Brustkrebs kann helfen, die Krankheit besser zu verstehen und Therapieentscheidungen informiert mitzutragen.
Die Erkrankung verstehen
Brustkrebs ist ein bösartiger (maligner) Tumor, der seinen Ursprung in den Zellen der Brustdrüse hat. Meistens entsteht er in den Milchgängen (duktales Karzinom) oder seltener in den Drüsenläppchen (lobuläres Karzinom). Die weibliche Brust besteht hauptsächlich aus Drüsen-, Fett- und Bindegewebe. Beim Brustkrebs beginnen sich Zellen unkontrolliert zu teilen und können in umliegendes Gewebe einwachsen oder sich über Blut- und Lymphbahnen im Körper ausbreiten und Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden, bevorzugt in Lymphknoten, Knochen, Lunge, Leber oder Gehirn. Dies ist deshalb problematisch, weil die betroffenen Organe ihre normale Funktion nicht mehr oder nur schwerlich aufrechterhalten können.
Risikofaktoren
Die genaue Ursache für die Entstehung von Brustkrebs ist meist nicht eindeutig zu klären. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, erhöhen können:
- Geschlecht und Alter: Frauen sind weitaus häufiger betroffen als Männer. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter deutlich an, die meisten Erkrankungen treten nach dem 50. Lebensjahr auf.
- Genetische Veranlagung: Bei etwa 5-10% aller Brustkrebsfälle liegt eine erbliche Veranlagung vor. Am bekanntesten sind Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2. Frauen (und auch Männer) mit diesen Mutationen haben ein stark erhöhtes Lebenszeitrisiko für Brust- und Eierstockkrebs. Eine familiäre Häufung von Brust- oder Eierstockkrebs kann ein Hinweis sein.
- Hormonelle Faktoren: Faktoren, die die Einwirkdauer von weiblichen Geschlechtshormonen (Östrogen, Progesteron) auf das Brustgewebe verlängern, erhöhen das Risiko. Dazu zählen:
- Frühe erste Regelblutung (Menarche).
- Späte letzte Regelblutung (Menopause).
- Keine oder späte erste Schwangerschaft (nach dem 30. Lebensjahr).
- Kurze oder keine Stillzeiten.
- Langjährige Einnahme einer Hormonersatztherapie gegen Wechseljahresbeschwerden (insbesondere kombinierte Östrogen-Gestagen-Präparate).
- Dichtes Brustdrüsengewebe: Frauen mit sehr dichtem Drüsengewebe (im Mammographiebild sichtbar) haben ein erhöhtes Risiko.
- Gutartige Brusterkrankungen: Bestimmte proliferative Veränderungen mit Atypien (atypische duktale Hyperplasie, ADH; atypische lobuläre Hyperplasie, ALH) erhöhen das Risiko.
- Lebensstilfaktoren:
- Alkoholkonsum: Auch moderater Konsum erhöht das Risiko leicht.
- Übergewicht/Adipositas: Insbesondere nach den Wechseljahren.
- Bewegungsmangel.
- Strahlentherapie: Eine Bestrahlung des Brustkorbs in jungen Jahren (z.B. wegen Morbus Hodgkin) erhöht das Risiko.
Es ist wichtig zu betonen, dass viele Frauen, die an Brustkrebs erkranken, keine der oben genannten Risikofaktoren aufweisen, außer ihrem Alter und Geschlecht.
Tumorbiologie und Subtypen
Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Die biologischen Eigenschaften des Tumors, die anhand von Gewebeproben (Biopsie) bestimmt werden, sind entscheidend für die Prognose und die Wahl der Therapie. Wichtige Biomarker sind:
- Hormonrezeptoren: Östrogenrezeptor (ER) und Progesteronrezeptor (PR). Wenn der Tumor diese Rezeptoren aufweist (ER+/PR+), wird sein Wachstum durch weibliche Hormone gefördert. Dies ermöglicht eine antihormonelle Therapie.
- HER2-Rezeptor (Human Epidermal growth factor Receptor 2): Ein Wachstumsfaktor-Rezeptor. Wenn der Tumor viele dieser Rezeptoren bildet (HER2-positiv, HER2+), wächst er oft aggressiver, kann aber gezielt mit Anti-HER2-Medikamenten behandelt werden.
- Proliferationsrate (z.B. Ki-67): Gibt an, wie schnell sich die Tumorzellen teilen. Ein hoher Ki-67-Wert deutet auf ein schnelleres Wachstum hin.
Basierend auf diesen Markern werden Brustkrebstumore in verschiedene molekulare Subtypen eingeteilt, die sich therapeutisch relevant unterscheiden:
- Luminal A: ER+/PR+, HER2-, niedriger Ki-67. Wächst meist langsam, gute Prognose, Haupttherapie ist die Antihormontherapie.
- Luminal B: ER+/PR+, HER2- oder HER2+, hoher Ki-67. Wächst schneller als Luminal A. Benötigt oft zusätzlich zur Antihormontherapie eine Chemotherapie (bei HER2-) bzw. eine Anti-HER2-Therapie (bei HER2+).
- HER2-positiv (nicht-luminal): ER-/PR-, HER2+. Aggressiveres Wachstum, aber gut behandelbar mit Kombination aus Chemotherapie und Anti-HER2-Therapie.
- Triple-negativ (TNBC): ER-, PR-, HER2-. Hat keine der genannten Zielstrukturen. Wächst oft aggressiv. Hauptbehandlung ist die Chemotherapie, ggf. ergänzt durch Immuntherapie oder PARP-Inhibitoren (bei BRCA-Mutation).
Diese Subtypen-Einteilung ermöglicht eine immer stärker personalisierte Therapie.
Häufig Gestellte Fragen (FAQs) und Zusätzliche Ressourcen
Häufig Gestellte Fragen (FAQs):
Triple-negativ bedeutet, dass die Krebszellen weder Östrogenrezeptoren (ER), noch Progesteronrezeptoren (PR), noch den Wachstumsfaktor-Rezeptor HER2 in relevantem Maße aufweisen. Damit fehlen die Angriffspunkte für eine Antihormontherapie oder eine Anti-HER2-Therapie. TNBC wächst oft schnell und gilt als aggressiver. Die Hauptbehandlung ist die Chemotherapie, ergänzt ggf. durch Immuntherapie oder PARP-Inhibitoren (bei BRCA-Mutation).
Dieser Artikel wurde zur Sicherstellung der medizinischen Richtigkeit von einem unserer Ärzte geprüft. Bitte lassen Sie diese Informationen dennoch von Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten überprüfen.
Ja, für Frauen, bei denen eine BET möglich ist, zeigen Studien, dass die Überlebensraten bei BET gefolgt von einer Strahlentherapie genauso gut sind wie nach einer Mastektomie. Die Entscheidung hängt von der Tumorgröße und -lage im Verhältnis zur Brustgröße, dem Wunsch der Patientin und ggf. weiteren Faktoren ab.
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Ein Lymphödem ist eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe, die zu einer Schwellung des Arms (seltener der Brustwand) führen kann. Es kann nach Entfernung oder Bestrahlung der Achsellymphknoten auftreten. Zur Vorbeugung sollte der betroffene Arm vor Verletzungen, Infektionen, Überhitzung und starker Belastung geschützt werden. Regelmäßige Bewegung und Hautpflege sind wichtig. Bei Auftreten einer Schwellung sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden, um eine Behandlung (Lymphdrainage, Kompression) einzuleiten.
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Nein, nicht jede Frau mit Brustkrebs benötigt eine Chemotherapie. Die Entscheidung hängt vom individuellen Rückfallrisiko ab, das durch Faktoren wie Tumorgröße, Lymphknotenbefall, Grading und insbesondere den biologischen Subtyp (Hormonrezeptor-/HER2-Status, Ki-67) bestimmt wird. Bei hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs mit niedrigem Risiko kann oft auf eine Chemotherapie verzichtet werden; hier ist die Antihormontherapie entscheidend. Bei TNBC und HER2-positivem Brustkrebs ist eine Chemotherapie meist notwendig.
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Die Antihormontherapie wird bei hormonrezeptor-positivem Brustkrebs meist für 5 bis 10 Jahre nach der Operation empfohlen, um das Rückfallrisiko zu senken. Häufige Nebenwirkungen ähneln Wechseljahresbeschwerden und können Hitzewallungen, Schwitzen, Schlafstörungen, Gelenkschmerzen, vaginale Trockenheit und Stimmungsschwankungen umfassen. Aromatasehemmer können zudem das Osteoporose-Risiko erhöhen. Die Nebenwirkungen sind individuell sehr unterschiedlich. Es gibt gute Möglichkeiten, diese zu lindern – sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber.
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- Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ): Kostenfreie Beratung und umfassende Informationen.
- Deutsche Krebshilfe / Blaue Ratgeber: Bietet Broschüren und Informationen, auch spezifisch zu Brustkrebs ("Blaue Ratgeber Nr. 1 & 2").
- Brustkrebs Deutschland e.V.: Patientenorganisation mit Informationen, Beratung und Unterstützung.
- Frauenselbsthilfe Krebs - Bundesverband e.V.: Bundesweite Selbsthilfeorganisation für krebskranke Frauen (und Männer).